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Rudolf Frisius
Iannis Xenakis: Theraps
Die Komposition Theraps für Kontrabaß solo, die Iannis Xenakis in den Jahren 1975 und 1976 komponiert hat, ist Fernando Grillo gewidmet, der am 26. 3. 1976 in Royan die Uraufführung spielte. Dieses Stück ist ein Werk der Paradoxien und Extreme, dessen ambivalentes Gepräge der Komponist selbst durch die Begriffe einerseits des Raffinements, andererseits der Wildheit charakterisiert. Um beides auch in der Interpretation so deutlich wie möglich hervortreten zu lassen, stellt Xenakis dem Interpreten anheim, die Wiedergabe ins Extreme zu steigern auch über den Rahmen des in der Partitur Vorgeschriebenen hinaus - sei es mit rascheren Tempi (wobei sich die in der Partitur angegebene Aufführungsdauer von ca. 12 Minuten verkürzen kann), sei es mit verschärften dynamischen Kontrasten.
Prägend für das Gesamtbild des Werkes sind schroffe Gegensätze zwischen Tonkurven und Tonlinien, zwischen gleitenden und ausgehaltenen Tönen. Die Bewegungsformen der Töne ebenso wie die Abstände zwischen den gehaltenen Tönen sind in feinsten mikrotonalen (meist vierteltönigen) Abstufungen festgelegt. Während ausgehaltene Töne nur an wenigen Ruhepunkten des Stückes im Vordergrund stehen (als langgezogene, in engsten Abständen ineineindergeschobene Obertöne im Flageolettspiel auf verschiedenen Seiten), sind die die Gestalttypen der Tonbewegungen kompositorisch wesentlich stärker differenziert - sei es in dynamischer Belebung (an- oder abschwellend, aber auch abrupt die Lautstärke wechselnd) mit rasch wechselnden Geschwindigkeiten und teilweise auch Bewegungsrichtungen, wobei (nach dem von Xenakis autorisierten Vorwort der Partitur) der Solist stark geräuschhaft, in einigen am Steg gespielten Einschüben sehr obertonreich - bis hin zur weitgehenden Verschleierung der eigentlich notierten Tonhöhen - spielen soll; sei es in extrem lauten und zweistimmig überlagerten, weiträumigen Glissandokurven, bei denen eine der beiden auch vorübergehend auf einem längeren Ton zur Ruhe kommen kann (gleichsam mit der Glissando-Geschwindigkeit Null). Im Gesamtablauf des Werkes präsentieren sich, eingerahmt durch kurze Einleitungs- und Schlußabschnitte, die verschiedenen Bewegungstypen im mehrfachen Wechsel zwischen verschieden langen Abschnitten (bei denen meistens die "gezackten", dynamisch und in den Klangfarben wechselnden Tonbewegungen besonders breit ausgeführt sind) und gleichzeitig in den Ausprägungen unterschiedlicher Varianten (z. B. das erste ausgedehnte zweistimmige Glissandoknäuel aus tiefer Lage aufsteigend, das zweite in höherer Lage einsetzend und sich im Tonraum zunächst hin und her, schließlich abwärts in tiefere Lage bewegend). So entfaltet sich das Stück in der Polarität zwischen Kontrast und Abwandlung, zwischen fließender Veränderung und jähem Wechsel.
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