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7.13 Chion - Kyrie


Rudolf Frisius

Michel Chion: Kyrie - Requiem (- Perpetuum Kyrie)

1. Requiem Kyrie take 2 Anfang: ausblenden nach 1. Durchgang 3mal (Christe eleison)

(evtl. vollst.)

"Ich habe sie eines Abends vom Studio aus zu Hause angerufen

und sie gebeten, dreimal den Text

´Kyrie eleison´ und ´Christe eleison´

mit einer möglichst neutralen Stimme zu rezitieren.

Ich habe für die Aufnahme einfach ein Mikrophon vor die Hörmuschel gehalten."

Mit diesen Worten hat der französische Komponist Michel Chion, Jahrgang 1947, beschrieben,

wie er 1973 mit dem traditionellen Messetext des Kyrie umgegangen ist:

Ihm ging es nicht darum, diesen Text zu vertonen.

Er wollte keineswegs eine Partitur schreiben

und ausführenden Musikern im voraus vorschreiben,

wie der in Musik gesetzte Text klingen soll -

gesungen, vielleicht auch mit standardisierten Instrumenten begleitet.

Michel Chion ist in seinem "Kyrie" ganz anders vorgegangen,

und er hat dies auch deutlich gesagt:

"Was mich interessiert hat, war die Klangfarbe des Telefons."

2. 3mal (Kyrie eleison)

Kyrie Anfang (ausblenden nach der 3. Anrufung Kyrie eleison)

Michel Chion wollte hören und aufnehmen,

wie seine Freundin, die Komponistin Michèle Bokanovski,

Textworte aus dem Meßordinarium am Telefon sprach -

uralte sakrale Texte im Klangbild unserer Zeit.

3. 3mal Christe eleison (auch auf 19 aufnehmen für 7.)

Michel Chion hat auch erzählt,

wie seine Bitte um um telefonische Rezitation eines Messetextes

von seiner Freundin Michèle zunächst aufgenommen worden ist:

"Michèle hat sich gefragt, ob ich nicht vielleicht verrückt geworden wäre."

Die Paradoxie des Vorgehens von Chion ist charakteristisch für seine Arbeitsweise:

Er erfindet ähnlich wie ein Filmemacher.

Die ersten Einfälle für seine Hörstücke oder Hörszenen sind häufig nicht Melodien oder Harmonien,

nicht Rhythmen oder instrumentale Kombinationen,

sondern bestimmte Aufnahmesituationen -

zum Beispiel die paradoxe Situation, daß eine junge Frau

am Telefon ´Kyrie eleison´ oder ´Christe eleison´ sagt.

4. wie 1. kurz (evtl. ohne Einleitung): 3mal (Kyrie eleison) - ausblenden nach 3mal (Christe eleison)

auch auf 19 cm/s für 7.

Der Klang der Telefonstimmen ist jedermann bekannt -

und zwar nicht nur aus der eigenen Alltagserfahrung, sondern auch

aus vielen Spiegelungen alltäglicher Vorgänge in Film- oder Fernsehszenen.

Der Komponist Michel Chion interessiert sich für Telefonstimmen auch deswegen,

weil sie ihn an verschiedene Erfahrungsbereiche erinnern:

Einerseits an die alltägliche Erfahrung -

andererseits an die Erfahrung des Komponisten im elektroakustischen Studio,

der weiß, daß Stimmen in vielfältiger Weise gefiltert werden können.

Wenn Chion eine Telefonstimme aufnimmt,

dann erhält er sie gleichsam in natürlicher Filterung.

Nach seinen Worten ist dies wirkungsvoller - und überdies arbeitsökonomisch sinnvoller -

als die Arbeit mit im Studio nachträglich gefilterten Stimmen.

Chion sagt:

"Eine künstliche Filterung, die die des Telefons imitiert hätte,

wäre vielleicht weniger natürlich gewesen... und dabei künstlicher in der Herstellung."

Michel Chion interessiert sich nicht nur für die Klänge selbst,

sondern vor allem auch für ihre dauerhaften Spuren

in der technischen Reproduktion und Produktion:

Seine Tonbandmusik ist eine Musik der fixierten Klänge, der Klangbilder.

Die aufgenommenen Klänge können nur über Lautsprecher gehört werden -

also losgelöst vom visuellen Kontext der Situation, in der sie ursprünglich erklangen.

Die unsichtbaren, mit Mikrophon aufgenommenen und über Lautsprecher wiedergegebenen Klänge

sind unabhängig geworden von realen Erfahrungszusammenhängen.

Besonders deutlich wird dies dann,

wenn ihre Klangbilder anders klingen als die originalen Klänge -

zum Beispiel deswegen,

weil diese originalen Klänge nicht nur technisch konserviert worden sind,

sondern auch technisch verändert.

5. 3mal (Christe eleison) - hochtransponierte Frauenstimme

Michel Chions "Kyrie" ist komponiert wie ein elektroakustisches Melodram:

Der Text wird gesprochen und von aufgenommenen Klängen begleitet.

Die gesprochenen Abschnitte erscheinen als Einsprengsel,

gleichsam als Inseln im Meer der Klänge -

zunächst zwei Mal mit dem originalgetreuen Klang einer Frauenstimme,

dann, beim dritten Mal, im veränderten Klangbild.

evtl. 5a. = 5. 3mal (Christe eleison) hochtransponierte Frauenstimme

Die Techniken der elektronischen Klangverarbeitung

lassen sich sehr wirksam einsetzen zur klanglichen Verarbeitung von Stimmaufnahmen.

Eine der einfachsten, aber auch wirkungsvollsten Techniken

ermöglicht es, aufgenommene Klänge in veränderter Geschwindigkeit abzuspielen -

z. B. in beschleunigter Wiedergabe, so daß die Aufnahme höher und schneller klingt,

im bekannten mickey-mouse-Effekt.

Wenn Aufnahmen stark beschleunigt, z. B. in doppelter Geschwindigkeit abgespielt werden,

dann können sich drastisch verfremdete Klänge ergeben.

7. Zusammenschnitt Oktav-Hochtranspositionen: a) 3. Kyrie (eleison) - b) 4. Christe (eleison)

je 1mal, evtl. je 3mal, u. U. nur das erste Wort Kyrie bzw. Christe (falls schnittechnisch möglich)

Solche krassen, aus populären Filmen bekannten Klangklischees haben Chion nicht interessiert.

Er hat statt dessen die aufgenommene Sprache nur geringfügig beschleunigt -

und zwar so, daß die klanglich transformierte Frauenstimme

nicht wie eine mickey-mous-Stimme klingen sollte,

sondern wie die Stimme eines kleinen Mädchens.

8. = 5. Anfang: 1mal (Christe eleison), Anfang des 2., hochtransponierten Textdurchgangs (Frauenst.)

Michel Chion hat genauer erklärt,

daß und warum er den Zeitraffer-Effekt so behutsam eingesetzt hat.

Er sagt:

"Die ´Klein-Mädchen´-Stimme

ist das Ergebnis einer geringfügigen Beschleunigung der Stimme von Michèle

mit Hilfe eines ´Geschwindigkeitsvariators´.

Mit dem Variator sind geringfügige Beschleunigungen oder Verlangsamungen möglich

(nicht bloß einfache Geschwindigkeitsverdopplungen

wie beim Tonbandgerät, wenn man die Bandgeschwindigkeit umstellt...).

Dadurch bleibt der natürliche Stimmklang erhalten,

die Stimme wird durch diese Verändrungen nur ein bißchen ´verjüngt´ (bzw. älter gemacht).

Zum Beispiel muß die originale Aufnahme -

in diesem Fall mit (der Geschwindigkeit) 19 cm/sec aufgenommen -

etwa bei einer Geschwindigkeit zwischen 25 und 28 cm/sec beschleunigt werden;

8a. (evtl.) 1 mal Christe (geringfügig hochtransponiert, ca. 28:19)

aus 5. Anfang

bei einer Geschwindigkeit von 38 cm/sec wäre eine lächerliche Comic-Stimme herausgekommen."

8b. (evtl.) 1 mal Christe (1 Oktave höher, 38:19)

aus 3. Anfang original, Ausschnittlänge entsprechend dem hochtransponierten 5.: Christe

Michel Chion benutzt in seiner Tonbandkomposition

nicht nur aufgenommene Stimm- und Sprachlaute, sondern auch Aufnahmen anderer Klänge:

- Als Instrumentalklänge verwendet Chion Eigenaufnahmen von Celesta-Klängen.

Am auffälligsten sind die aufgenommenen Celesta-Klänge als Spielfiguren,

wie sie zu Beginn des Satzes oder zu Beginn eines später folgenden Abschnittes zu hören sind -

als quasi-instrumentale Eröffnungssignale.

9. Eröffnende Celesta-Figuren: Zusammenschnitt:

a) bei 0´´ (satzeröffnende Celesta-Figur)

b) bei 30´´ (abschnittseröffende Celesta-Figur)

Auch an anderen Stellen (dieses Satzes) sind Celesta-Figuren deutlich zu hören -

allerdings weniger profiliert hervortretend, eher begleitend.

10. (Über- und) untergeordnete Celesta-Figuren: 30´´ (2 Celesta-Eröffnungsfigur) - vor (oder nach) 55´´

(ausblenden vor oder nach den 3 hochtransponierten Christe eleison)

Die Celesta-Figuren erscheinen in dieser Musik in ähnlicher Funktion wie in einem traditionellen Musikstück die melodischen Gestalten. Den harmonischen Untergrund, auf den diese Melodie-Gestalten aufgesetzt sind, bilden die elektronischen Klänge.

11. Elektronische Klänge:

nach 30´´, ab abschnittseröffnende Celestafigur -

ausblenden vor 55´´, vor Einsatz der 3 hochtransponierten (Christe eleison)

Michel Chion hat Sorge dafür getragen, daß die verschiedenen Klangmaterialien seines Stückes

einerseits charakteristisch unterschiedlich bleiben,

andererseits aber auch im formalen Zusammenhang aufeinander abgestimmt sind.

Stimmklänge, Instrumentalklänge und elektronische (Synthesizer-)Klänge

sind deutlich voneinander unterscheidbar;

aber sie sind andererseits auch sinnfällig aufeinander bezogen dadurch,

daß sie alle nicht originalgetreu zu hören sind,

sondern in elektonischer Verarbeitung: als Klangbilder.

Auch so läßt sich erklären,

daß der Kyrie-Text nicht im natürlichen Stimmklang zu hören ist, sondern von einer Telefonstimme -

d. h. ein Aufnahmen mit quasi-natürlicher Live-Filterung.

Die Instrumental-Aufnahmen, die Celesta-Passagen,

unterscheiden sich nicht wesentlich von live gespielten Tonfolgen;

der Komponist weist allerdings darauf hin,

daß er auch das Klangbild dieser Aufnahmen zumindest leicht bearbeitet hat,

und zwar mit Geschwindigkeitsveränderung und Echo.

(Dem Hörer fallen der Abweichungen

der wiedergegebenen Instrumentalaufnahmen vom originalen Klangbild

am ehesten dann auf,

wenn bei länger ausgehaltenen Tönen das Klangbild nicht stabil bleibt,

sondern wenn Veränderungen mit gleichsam jaulenden Klangresultaten hörbar werden.)

(12. evtl.: Jaulklänge, in Lux perpetua)

Die elektronischen Klänge hat Chion

in ähnlicher Weise verarbeitet wie die instrumental aufgenommenen.

Dabei versuchte er zu erreichen, daß auch diese synthetisch erzeugten Klänge

in der technischen Verarbeitung

einen möglichst lebendigen, abwechslungsreichen Klangverlauf erhielten

und sich so dem Klangcharakter

"natürlicher", mit dem Mikrophon aufgenommener Klänge näherten.

So erklärt sich Chions Hinweis darauf,

daß er auch die elektronischen Klänge in technischer Verarbeitung verwandelt hat -

durch Geschwindigkeitsveränderungen und Echo-Effekte,

überdies auch durch andere Techniken der Klangfarbenveränderung.

(13. evtl.: transformierter elektronischer Klang,

z. B. 1. Satz ab Anfang oder vibrierende Klangfläche nach 1. Pause: aus Einl. vor "Requiem..." -

evtl. nach 1. Textpause verzerrte Klänge, ausblenden vor Flüsterklängen Requiem...)

Michel Chion transformiert seine Klänge so,

daß sie verlebendigt, gleichsam zum Sprechen gebracht werden.

Wie er dabei vorgegangen ist,

hat der Komponist am Beispiel der Verarbeitung elektronischer Klänge genauer beschrieben.

Er sagt:

"Die elektronischen Klänge haben den Mangel

eines fehlenden Vibrato bzw. eines zu mechanischen, zu kalten Vibrato.

Mit verschiedenen Manipulationen,

die schwierig zu beschreiben wären und die auf persönlichen Rezepten basieren,

habe ich... versucht,

diesen Klängen ein lebendiges Vibrato zu geben -

ein Beben, ein menschliches Zittern."

(14. evtl.: Elektron. Kl. m. Vibr., z. B. Anf. Libera me, 1. Satz nach Jérusalem, Dies irae nach 1.Akz.)

Auch Verarbeitungen anderer Klänge

beschreibt Chion so, daß seine künstlerische Absicht deutlich wird:

Neue Klangwirkungen erforscht er

auf der Suche nach einer neuen klanglichen Expressivität.

Worauf er hinaus will, wird deutlich

selbst in seinen genaueren Erklärungen technischer Details.

(Er sagt:)

"Ich habe vor allem nach einer erstickten Klangfarbe gesucht,

und dafür habe ich mich der ´Korrektoren´bedient, um die Härten des Klangs wegzuschneiden;

ich habe das Echo (eine natürliche Echokammer) verwendet,

um eine untergründige Atmosphäre zu schaffen.

(15. evtl.: Erstickte Klänge/Korrekturen, Echo, z. B. Kyrie 1. Texteinsatz oder Übergang zum Dies irae)

Michel Chion hat sich in den frühen siebziger Jahren

auf eine Suche nach neuen Wegen begeben,

die damals vielleicht

mit trügerischen Schlagworten vorgetäuscht, aber keineswegs tatsächlich realisiert wurde:

Chions technisch produzierte Musik entspricht tatsächlich,

und zwar in einem durchaus unverdächtigen Sinne,

dem Begriff der "Neuen Einfachheit",

der in den siebziger Jahren

leider allzu oft mißbräuchlich verwendet worden ist -

für Musik mit herkömmlichen Klangmitteln,

die nicht auf Neues ausgerichtet war,

sondern zurückstrebte zu vergangenen ästhetischen Idealen des 19. Jahrhunderts.

Chion hat seinen eigenen Weg gesucht und gefunden,

längst bevor anderwärts fälschlich so genannte "Neue Einfachheit"

sich im Sog restaurativer Tendenzen und harmonisch-symphonisch-affirmativer Expressivität

zu etablieren begann.

Chion hatte andere Präferenzen.

Eine seiner wichtigsten Leitideen war die Artikulation produktiver Ungewißheit:

Sein 1973 entstandenes Kyrie gehört in den Kontext

nicht einer repräsentativen Ordinariums-Messe, sondern eines Requiems -

und selbst diese Zweckbestimmung hat Chion wiederum produktiv in Frage gestellt:

Er konzipiert seine Musik nicht als idealisierend gedenkende Fürbitte für die Toten,

sondern sie wendet sich an die in Ungewißheit und Zwiespalt Lebenden.

In einer Kommentarnotiz des Komponisten zu seinem Werk wird dies unmißverständlich deutlich.

(Es heißt dort:)

"Das Requiem entstand im Gedenken

weniger an diese schweigende Mehrheit, die die Toten darstellen,

als an die unruhige Minderheit, die die Lebenden bilden.

Für den Hörer präsentiert es sich

wie ein Abenteuer von Gefühlen und Empfindungen;

wie ein bewegter dramatischer Ablauf, dessen Kurven und Sprüunge

eine fundamentale Unsicherheit gegenüber dem Leben, dem Tod und der Religion ausdrücken.

(Diese Unsicherheit, die uns alle leitet.)"

(16. evtl. Kyrie vollständig 1´37: CD take 2 vollständig)

Ungewißheit und Zwiespältigkeit artikulieren sich

nicht nur in Chions werkbegleitenden Kommentaren,

sondern auch in den Klängen und Klangkonstellationen

der Musik selbst, auch in ihrer großformalen Disposition.

Alles Feststehende, eindeutig Klassifizierbare und Verfolgbare bleibt hier ausgespart.

Als zweideutig entpuppen sich selbst die Beziehungen zwischen Text und Klang.

Dies führt so weit, daß dieselbe Klangstruktur durchaus verschiedener Texte werden kann.

Das wird evident, wenn die Musik zum Kyrie, dem zweiten Satz des Requiems,

im vorletzten Satz wiederkehrt -

jetzt aber verbunden mit anderen Sprechtexten.

17. Lux aeterna 1´39, CD take 9 vollständig

Kyrie und Lux aeterna sind verbunden in widersprüchlichen Relationen -

einerseits in klanglicher Entsprechung,

andererseits im semantischen, auch das Klangbild verändernden Kontrast.

Im Kyrie erscheint der Text in Aufnahmen einer Frauenstimmen

bald originalgetreu, bald verfremdet als Pseudo-Mädchenstimme.

Im Lux aeterna sind tatsächlich zwei verschiedene Stimmen zu hören.

In einem Schallplattenkommentar,

der als "Libretto" dieses Hörfilms, dieser unsichtbaren Höroper bezeichnet ist,

nenne Michel Chion zwei Sprechrollen:

Eine Frauenstimme - ein salbungsvoller Priester.

(17. evtl.: Anfang Lux aeterna - Frauenstimme, Stimme Chion als salbungsvoller Priester)

Der Komponist hat mitgeteilt,

daß er in seinem Requiem die Rolle des salbungsvollen Priesters selbst übernommen hat.

Das Werk trägt seine Handschrift nicht nur deswegen,

der Komponist die von ihm verwendeten Klänge

selbst verarbeitet, teilweise auch selbst eingespielt und aufgenommen hat;

bemerkenswert ist auch,

daß Chion in 8 der 10 Sätze seines Werkes selbst als Sprecher in Erscheinung tritt.

Eine Mehrdeutigkeit der Rollen und Bedeutungen

zeit sich auch im mehrdeutigen Rollenspiel Chions

nicht nur als Komponist und Klangrealisator,

sondern auch als Regisseur, als musikalischer Interpret und als Sprecher:

Chions Vorbilder sind nicht nur die Pioniere der konkreten Musik,

sondern auch die großen Cineasten des 20. Jahrhunderts.

18, evtl: Dies irae Ausschnitt Klett

Chions kompositorische Konzeptionen haben verschiedene Perspektiven und Facetten.

Aufschluß ist auch seine Interpretation seiner kompositorischen Arbeit

als Versuch der Realisierung von kompositorischen Konzepten,

wie sie einst Thomas Mann seiner wohl wichtigsten Romanfigur zugeschrieben hatte.

Adrian Leverkühn.

Chions Musik ist die konkrete Utopie

der zugleich verwirrenden und inspirierenden Vielfalt des 20. Jahrhunderts.

Chions Auseinandersetzung mit Klängen und mit klingender Sprache

hat sein oeuvre über mehrere Jahrhzehnte hinweg geprägt -

vorm 1973 entstandenen Requiem bis zu zwei Messeprojekten der neunziger Jahre;

vom Kyrie des Requiems bis zu einem 1797 uraufgeführten "Kyrie perpetuum" -

einem Werk, das Ansätze von früher Begonnenem weiterführt:

Auf der Suche nach Lebendigkeit, Vielfalt und expressiver Intensität -

einer Suche nach künstlerischen Inhalten,

die Chion 1997 mit folgenden Worten zu benennen versucht hat:

Klage und Revolte der menschlichen Natur,

des Hiob, des Christus am Kreuz,

in der Unendlichkeit des Raumes und der Zeit.

18. Perpetuum Kyrie längerer Ausschnitt je nach Sendezeit



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