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3.31.1 Elektroakustische Musik 1-2.doc


Rudolf Frisius

DAS JAHRHUNDERT DER ELEKTROAKUSTISCHEN MUSIK (1-2)

Die Entwicklung der elektroakustischen Musik ist die wichtigste musikalische Innovation vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (in ihrer Bedeutung vergleichbar den Ansätzen der Überwindung der traditionellen Tonalität, die das 20. Jahrhundert vor allem in seiner ersten Hälfte bestimmt haben). Ihre Innovationen ergeben sich einerseits aus der Möglichkeit der technischen Speicherung und Veränderung beliebiger vorgefundener Klänge (Ansatz der konkreten Musik), andererseits neuen Möglichkeiten der synthetischen Klangerzeugung (Ansatz der elektronischen Musik). Die Unterschiede zwischen beiden Ansätzen können dann sekundär werden, wenn die Möglichkeiten der Klangverarbeitung so weitgehend genutzt werden, daß die Beschaffenheit der Ausgangsklänge (z. B. die Unterscheidung zwischen ihrer konkreten oder elektronischen Herkunft) sekundär, schwierig oder sogar eventuell unmöglich wird. Gleichwohl kann die Unterscheidung zwischen konkreten und elektronischen Klängen wichtig bleiben nicht nur in den Anfangsstadien der technisch produzierten Musik (vor allem in den fünfziger Jahren), sondern auch in späteren Phasen der analogen und sogar der digitalen Musik (in Unterscheidungen zwischen computergenerierten und computertransformierten Klängen und Klangstrukturen). Andererseits haben sich in der elektroakustischen Musik schon frühzeitig Ansätze der kompositorischen Vermittlung zwischen konkreter und elektronischer Klangkomposition ergeben Ansätze der Überwindung aller Versuche, konkrete und elektronische Musik disjunkt zu trennen; Ansätze der Integration im größeren Zusammenhang der elektroakustischen Musik (parallel zu oder teilweise auch verbunden mit Ansätzen der Integration instrumentaler und technisch produzierter Klangkomposition bzw. Klangerzeugung, z. B. in der musique mixte für vorproduzierte Klänge und live-Interpreten oder in der Live-Elektronik).

In ihren exklusiv-radikalen Ausprägungen unterscheidet sich elektroakustische Musik radikal von aller mit konventionellen Klangmitteln (Live-Stimmen, akustischen Live-Instrumenten) arbeitenden Musik. Andererseits kann sie auch in inklusiv-radikalen Ausprägungen eine wichtige Rolle spielen in der Weise, daß Abgrenzungen zwischen live-Klängen und vorproduzierten Klängen kunstvoll verwischt werden, z. B. in der Simulation "natürlicher" Klänge.

1. 50 Jahre elektroakustische Musik

- Konkrete und elektronische Musik als "feindliche Brüder"

Hörfilme Die Erneuerung des Instrumentalen Das Studio als Konstrastmodell zur Live-Musikpraxis

- Erste konkret-elektronische Grenzüberschreitungen

(Einbeziehung der Stimmlaute als Live-Abbildung der Vielfalt elektroakustischer Klänge: Henry Quesquidi, Haut Voltage; Stockhausen Gesang der Jünglinge; Berio Omaggio a Joyce, Visage; evtl. Maderna; evtl. verschiedene Fassungen der Tonband-Interpolationen von Déserts; weitgehende Verfremdung konkreter Klänge, in weiträumiger Kontinuität: Henry, Le voile d´Orphée Anfang; Xenakis, Diamorphoses; Kagel, Transicion I)

- Live-Klänge und technisch vorproduzierte Klänge

(evtl. Maderna, Musica sur due dimensioni; Kagel, TransicionII; Cage, Aria with Fontana Mix; Stockhausen, Kontakte; evtl. Mache Volumes, Malec; evtl. Xenakis, Analogique A und B)

- Erste Ansätze der Live-Elektronik

Cage, Cartridge Music; Stockhausen Mikrophonie I, II

- Aufbrechen des Gegensatzes zwischen abstrakten und realistischen

(bzw. anekdotischen) Klängen

Pousseur: Trois Visages de Liège;

Ferrari: Hétérozygote, Music Promenade, evtl. Portraitspiel; Stockhausen Telemusik, Hymnen; Cage Rozart Mix; Henry: Variations pour une pourte et un soupir

- Überwindung der Montageästhetik - Neue Kontinuität - Neue Großformen

Stockhausen, Hymnen; Bayle, L´experience acoustique; Parmegiani, De natura sonorum; Cage: Roaratorio u. a. Spätwerke akustischer Kunst; Henry Journal de mes sons, La Ville/Die Stadt

- Digitale contra analog?

z. B. Hiller und Cage/Hiller, Dodge, Xenakis, Risset, Koenig, Eckert, Brümmer

- Live contra vorproduziert?

Boulez und Nono, evtl. Barlow Cogluotobüs..., Sabine Schäfer Computerklavier

2. Technische und ästhetische Aspekte der elektroakustischen Musik

Erweiterung des Instrumentalen

Erweiterung der Kompositionstechnik

Auseinandersetzung mit der Hörwelt

Integration bekannter und unbekannter Klänge

Möglichkeiten der Verbindung und/oder Verfremdung

live erzeugter und/oder technisch vorproduzierter Klänge

Möglichkeiten der elektronischen Klangverarbeitung

in Verbindung mit der Realisation kompositorischer Zusammenhänge:

Brün, Klänge unterwegs; Koenig, Terminus; Stockhausen, Hymnen; Parmegiani, De natura sonorum

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