[Zurück] [Vor] [Hoch] [Startseite] | Index |
MUSIK - AKUSTISCHE KUNST? Offene Fragen in der aktuellen Musikentwicklung
Zentrale Probleme in der abendländischen Musikentwicklung des 20. Jahrhunderts sind in dessen erster Hälfte die Loslösung vom Primat der überlieferten Dur-Moll-Tonalität, in seiner zweiten Hälfte die Loslösung vom Primat der live-Musikzierpraxis für Stimmen und Instrumente. Der letztere Aspekt hat nicht nur die (zuvor weitgehend unangefochtenen) konstitutiven Voraussetzungen der bisher bekannten Musiksprache grundlegend in Frage gestellt, sondern auch wichtige Grundbedingungen der Musikpraxis und des Musiklebens. Unter den Bedingungen der technischen Produzierbarkeit, nach denen alle technisch aufzeichenbaren und konservierbaren Klänge als potentielles Ausgangsmaterial künstlerischer Gestaltung angesehen werden können, hat sich der Musikbegriff unter beiden Aspekten erweitert. Für die Musikwissenschaft ergibt sich daraus die Notwendigkeit einer weiter gefaßten Bestimmung von Konzeptionen der Musiktheorie, der musikalischen Analyse und der Beschreibung musikalischer Kommunikationsprozesse. Der Begriff "Akustische Kunst" verweist in diesem Zusammenhang vor allem auf zwei Aspekte: auf die Auflösung klarer Abgrenzungen einerseits zwischen Musik und Sprache, andererseits zwischen der Musikerfahrung und der allgemeinen Hörerfahrung einschließlich ihrer die Musik und das Hören übergreifenden Vernetzungen.
An unterschiedlichen Musikbeispielen soll aufgezeigt werden, welche neuen Probleme für Musiktheorie und musikalische Analyse sich dann stellen können, wenn Musik nicht als fixierter (Noten-)Text, sondern als klangliches Ergebnis, als "Akustische Kunst" zu untersuchen ist. Vorgestellt werden Möglichkeiten einer nicht vom Notentext, sondern vom Hörphänomen ausgehenden Analyse und ihnen entsprechende neue Ansätze der Musik sowie der den traditionellen Musikgebriff erweiternden Akustischen Kunst. An genauer aufbereiteten Einzelbeispielen werden kompositions- und produktionstechnische Besonderheiten der diesem Begriff in besonderer Weise entsprechenden elektroakustischen Musik genauer erörtert, z. B. Details von Realisationsprozessen im Studio unter Einbeziehung von klingenden Roh- oder Zwischenmaterialien (die für die Beschreibung dieser Musik eine ähnlich wichtige Rolle spielen können wie Skizzen für die kompositionstechnische Beschreibung traditionell notierter Musik).
[Zurück] [Vor] [Hoch] [Startseite]
[Index] [Frisius-Homepage]