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Rudolf Frisius
Varèse-Perspektiven
Wie soll man Edgard Varèses Musikdenken und seine Musik beschreiben? Als negatives Kontrastmodell zum traditionellen Begriff der Tonkunst, dem zentrale Bedeutung für die musikgeschichtliche Entwicklung bis (mindestens) hin zu Schönberg zugesprochen wird (Rudolf Stephan)? Als Reservat zumindest letzter Spuren melodischen oder narrativen Denkens (Albrecht Riethmüller, Hermann Danuser)? Als Anregung zur Suche nach neuen Tonstrukturen auch dort, wo es schwer fallen dürfte, sie zweifelsfrei als vom Komponisten intendiert nachzuweisen (Pascal Decroupet)? Als Konkretisierung von Vorstellungen, die sich - zumindest in ihrer sprachlichen Fixierung - weitgehend auf wichtige innovative Ideen von Feruccio Busoni zurückführen lassen, die (verschwiegen oder offen eingestanden) Varèses Entwicklung über viele Jahrzehnte hinweg geprägt und sich dabei im Grundansatz kaum verändert haben (Jörg Stenzl)? Als nicht-relationale Musik, die ihren Autor als amerikanischen Komponisten in Affinität zu seinem jüngeren Landsmann John Cage zu rücken erlaubt (Klaus Ebbeke)? Als Anregung, die musikgeschichtlich-innovative Entwicklung in unserem Jahrhunderts auch jenseits des Weges "von der Atonalität über die Zwölftontechnik zur seriellen Musik" genauer zu erkunden (Helga de la Motte-Haber)? Interessiert er uns als "einer der wichtigsten Komponisten des 20. Jahrhunderts und Leitfigur für Komponisten wie Pierre Boulez, Wolfgang Rihm oder Iannis Xenakis" (Peter Ruzicka)?
Vor allem Helga de la Motte-Haber ist es zu danken, daß in den neunziger Jahren sich die Diskussion über Edgard Varèse vor allem im deutschsprachigen Raum intensiviert hat: 1990, im Jahre des 25. Todestages des Komponisten, organisierte sie in Berlin eine Ausstellung mit Dokumenten zu Leben und Werk, zu der in demselben Jahr auch eine Begleitpublikation im Frankfurter Lang-Verlag erschien. 1991 und 1993 folgten zwei Publikationen im Wolke-Verlag: Die Beiträge zum "Symposium Edgard Varèse Hamburg 1991" (ergänzt durch einen instruktiven biographischen Beitrag von Olivia Mattis) und eine Monographie.
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